Schreiben Sie uns an info@atid.at

Hereinspaziert!

Ein Geschäftsfreund erzählte mir einmal, er sei ein „Almdudler-Jude“. Und was heißt das? Seine Antwort: „Na, zu drei Achteln ein Jude halt!“

An dieses Bonmot erinnerte ich mich, als mich kürzlich eine nichtjüdische Freundin nach der Größe unserer Gemeinde fragte. Ich schätzte auf rund 7.000 Mitglieder. Sie jedoch: „Es gibt ja wohl eine ganze Menge Juden außerhalb der IKG – vielleicht so hunderttausend.“ Diese Schätzung war freilich bei weitem zu hoch gegriffen, nicht nur quantitativ, sondern auch „qualitativ“, enthielt sie doch auch all jene Menschen, die sich lediglich nach landläufigen Begriffen für eine Zugehörigkeit zum Judentum qualifizieren – eben besagte „Almdudler-Juden“. Mit halachischen Regelungen hatte die Dame verständlicherweise nichts am Hut.

Und was heißt das nun konkret? Es gibt tatsächlich viele, zu viele Juden, die wir nicht zu unserer IKG zählen können, wiewohl wir dies gerne täten.

Zugehörigkeitsgefühl entwickeln

Gründe für diese IKG-Abstinenz gibt es jede Menge, sie sind ausgesprochen mannigfaltig. Aber um jeden einzelnen dieser „verlorenen Juden“, wie ich sie stets nenne, tut es mir leid. Sie stehen „draußen vor der Tür“, sinnbildlich, und gehören doch herein.

Vor einiger Zeit sprach ich mit einem Freund, der vor über 40 Jahren nach Wien zugewandert ist und damals der IKG nicht beitrat. Das war kein Thema für ihn, spielte für sein Leben und das seiner Familie keine Rolle. Und doch spürte ich eine Art Sehnsucht nach Zugehörigkeit in seinen Worten. In der Folge sprachen wir drüber, es wurde plötzlich doch zu einem Thema, in seinen Augen blitzte so etwas wie Rührung, und schließlich half ich ihm über die ersten bürokratischen Hürden.

Resultat: Seitdem er, seine Frau und seine Tochter vollwertige Mitglieder unserer Gemeinde sind, besuchen sie mit großem Interesse jüdische Veranstaltungen, versuchen wohl, einiges vom Versäumten nachzuholen.

Neue Arten der Mitgliederwerbung

Über diesen konkreten Einzelfall hinaus ist noch viel mehr zu tun. Es gibt in der IKG eine eigene Kommission. Hier werden Strukturen und Rahmenbedingungen, Social- Media-Kampagnen, Maßnahmen im Rahmen der „Politik der Öffnung“ ausgearbeitet, innerhalb derer Anstrengungen unternommen werden sollen, um möglichst vielen unserer Glaubensschwestern und -brüder, die eben noch „draußen vor der Tür“ stehen, dieselbe zu öffnen, und um diese Menschen einzuladen, einzutreten (sprich: beizutreten).

Gemeinschaftsgefühl stärken

Künftig müssen wir mit öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen auch das Gemeinschaftsgefühl bestehender Mitglieder ansprechen und separatistischen Strömungen entgegenwirken. Die IKG ist die Summe ihrer Mitglieder.

Zur Abrundung: Unter dem Titel „Wir brauchen neue Mitglieder – Wir suchen neue Mitglieder“ habe ich einst für die IKG-Homepage einen entsprechenden Appell verfasst. Sofort bewarben sich über ein Dutzend Personen um die Mitgliedschaft. Soweit die gute Nachricht. Die schlechte: Da war kein einziger Jude drunter!

Die IKG ist kein Selbstbedienungsladen

Vor fast 40 Jahren fanden wir eine sich selbst auflösende Kultusgemeinde vor. Wir haben daher eine vollständige Infrastruktur mit Kindergärten, Schulen, Synagogen, Bethäusern, ESRA, Maimonides Zentrum, JBBZ, Printmedien, Kulturarbeit, Jugendarbeit, usw. aufgebaut und gleichzeitig das Immobilienvermögen der IKG ausgebaut, 800 Wohnheimeinheiten errichtet und die Mehrheit unserer Häuser saniert.

Dieses Aufbauprogramm hat rund 300 Mio. Euro gekostet, von denen noch etwa 100 Mio. Euro als Bankschulden bestehen. Dafür wurde ein Tilgungsplan (ein Teil der Mieteinnahmen wird ausschließlich zur Bezahlung der Zinsen und Tilgung genutzt) beschlossen, der auch weitestgehend eingehalten wird. 2003 wurde eine Schuldenbremse beschlossen, seither dürfen im Bereich der IKG-Hoheit keine Schulden gemacht werden – und das wurde 14 Jahre lang rigoros eingehalten.

Ist also alles in Ordnung? Nein! Jetzt, da die letzten größeren Projekte (Wiesenthal-Institut, Archiv, Sanierung des Sefardischen Zentrums, Hochschülerschaft) abgeschlossen sind, braucht die IKG auf allen Ebenen einen Paradigmenwechsel: Wo bestehende Häuser saniert werden, muss dies aus den laufenden Mieteinnahmen bezahlt werden. Unsere Forderung: Neue Projekte sollen nicht mit Krediten finanziert werden.

Neue Regeln für Subventionen

Die IKG steht auf vier institutionellen Eckpfeilern: Neben der Befriedigung aller religiösen Bedürfnisse, sind dies ESRA, das Maimonides Zentrum und die ZPC-Schule. Die Wunschliste einiger Vereine (mehr Geld, mehr Sicherheit, mehr Raum, usw.), kann nicht von der Kultusgemeinde erfüllt werden. ATID schlägt neue Regeln für den Umgang mit Subventionen durch die IKG vor: Wer mehr als 10.000 Euro erhält, muss der IKG einmal pro Jahr einen Rechenschaftsbericht über die Verwendung der Mittel vorlegen. Alle in der Kultusgemeinde müssen Budgetdisziplin wahren.

Die IKG ist eine der bestorganisierten jüdischen Gemeinden Europas, mit einer großartigen Infrastruktur, jährlich 300 kulturellen Veranstaltungen mit allen Schattierungen jüdischen Lebens. Lasst uns diese Gemeinde für die nächsten Generationen erhalten.

Fonds zur Förderung junger jüdischer Künstler

Die IKG hat sich zur Aufgabe gemacht, die Vielfalt jüdischer Kultur nicht nur zu fördern sondern auch öffentlich zu präsentieren. Neben Traditionellem oder Religiösem geht es auch um zeitgenößische Kunst. Hier geht die IKG-Kulturkommission, kurz KuKo, neue Wege: Wir rücken die Scheinwerfer auf jüdische Künstlerinnen und Künstler der Gegenwart. Diese Gemeindemitglieder zu unterstützen ist eine unserer wichtigsten Aufgaben.

Kreativität braucht Öffentlichkeit

Um jüdische Talente, egal ob ashkenasisch oder sefardisch stärker fördern zu können, wollen wir einen Fonds einrichten, der das IKG-Budget nicht belasten soll. Ein Komitee aus kunstaffinen Persönlichkeiten soll talentierte Gemeindemitglieder fördern. Nicht nur Mäzene sollen in den Fonds einzahlen, auch Crowdfunding ist eine denkbare Finanzierungsform, bei der man sich mit kleineren Summen beteiligen kann. Ausschüttungen sollen in einem Kriterienkatalog festgeschrieben und nur nach Mehrheitsbeschluss vom Komitee genehmigt werden. Geplant sind regelmäßige Ausstellungen wie zuletzt die Pop-Up-Galerie am Tag der offenen Tür, bei der sieben Künstlerinnen und Künstler ihre Arbeiten ausstellten, ebenso wie die Beteiligung an Materialkosten. In einem zweiten Schritt sollen auch Musiker und Künstler aus anderen darstellenden Kunstrichtungen gefördert werden.

Inputs zur Kunstförderung schicken Sie bitte an kunst@atid.at

Freyer Jasmin

Jasse Freyer ist mit Ouriel Morgensztern verheiratet und Mutter von Samuel und Naomi. Die Politikwissenschaftlerin war Madricha im Shomer Hatzair und ist seit 2007 im Kultusrat für die IKG tätig. Ihre Themenschwerpunkte liegen in der Jugendarbeit, der Sozialpolitik und dem Kampf gegen Antisemitismus.

Arad Benkö

Arad Benkö, 1970 in Haifa geboren. Verheiratet, Vater von drei Söhnen. Studium der Politikwissenschaft und Geschichte in Wien, London und Brügge. Eintritt in den diplomatischen Dienst 1998 und Funktionen in Bonn, Pristina, Bukarest, Brüssel, Tel Aviv und Riga. 2016 bis 2022 Österreichs Botschafter in Georgien, aktuell Botschafter in der Ukraine.

Fiscus Cathy

Cathy Fiscus, geboren und aufgewachsen in Wien. Mutter von zwei Söhnen.Nach Absolvierung des Lycee Francais nach London zumEnglisch- und Kunststudium. Danach Rom zur Sprachausbildung und Jobs in der Filmindustrie. 1973 bis 77 Mitglied des „Wiener FIlmkollektivs“ Produktionen von Kinofilmen über alternative Lebensformen …
aus dem WFK entstand das “ lightspeed kollektiv “ Kommune , Arbeitsgemeinschaft , die sich mit der Entwicklung
eines Luftschiffes (Zeppelin ) befasste ( unter anderem mit  Adam Michel Lisowsky , Robert Horn usw. ) in
Südfrankreich , Florida ….Seit 1993 Mitarbeiterin bei “ Horn s Wien “ Luxuslederwaren…Seit 2006 beim
“Art Forum “ Kunstgalerie tätig.

Frankl Nora

Nora Frankl, Meine Kinder Patrick und Lisa, ihre Kinder Noah u. Leon, auch Mutziputzi 1 u. Mutziputzi 2 genannt.
Mein Beruf- Kommunikationswissenschaftlerin.
Unsere IKG ist eine sehr gut funktionierende Institution, die uns allen am Herzen liegen muss.

Fuchs Daniel

Daniel Fuchs, MRICS, geb. 1971 in Wien, verheiratet und Vater von 2 Kindern, ist seit seinem 15. Lebensjahr für die IKG in verschiedensten Organisationen und Kommissionen ehrenamtlich tätig. Als einer der Gründungsmitglieder von ATID war ich auch von 1998 bis 2002 Kultusrat. Beruflich ist Daniel Fuchs Unternehmer.

Haber Hanni

Hanni Haber, 1947 in Wien geboren. Verheiratet, ein Sohn aus erster Ehe. Hotelfachschule in Wien, 2 jähriger Auslandsaufenthalt in Canada. Nach der Rückkehr Heirat nach Salzburg, Mitarbeit im Familienbetrieb.  1995 meine Rückkehr nach Wien. 2000 Heirat mit Prof. Dr. Paul Haber. 2000 erste Fundraiserin der IKG nach der Abschaffung der Kultussteuer bis 2011

Rosen B. Deborah

Deborah Bronia Rosen ist Unternehmerin in Wien: „Ich versuche immer, etwas Gutes zurückzugeben, was mir durch meine Eltern in Form einer sehr glücklichen und sorglosen Kindheit gegeben wurde. Jetzt versuche ich, auch anderen Menschen, die vielleicht nicht so viel Glück hatten, zu helfen.“

ATID Zeitung - Das Archiv

Wählen Sie eine der vergangen Ausgaben und schmökern Sie ein wenig in unserem Archiv.