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Vom Trauma zurück zum Traum: Israels Kampf abseits der Front

Begegnung mit Überlebenden der Massaker vom 7. Oktober, mit Angehörigen von Geiseln, Soldaten, Ärzten und freiwilligen Helfern – Miriam Brownstone besuchte ein neues, anderes, zwischen Hoffnungslosigkeit und Resilienz lebendes Israel.

Hineni! – Auf Deutsch: Hier bin ich!

Wenn wir in der Torah die Parascha Wajera lesen, lernen wir, wie Gott Abraham prüfte. Doch was war die Prüfung? Einige meinen, die Prüfung war nicht die, ob Abraham bereit war, seinen Sohn Isaac zu opfern. Die Prüfung war, ob er bereit war, Hineni zu sagen. Drei Mal wird Abraham gerufen: von Gott, von Isaac und vom Engel. Und jedes Mal antwortet er, ohne zu zögern: „Hineni!“ Hier bin ich.

Wie ist das bei uns? Wenn uns jemand ruft? Antworten wir mit „was brauchst du?“, „ich komme gleich“, „warte kurz“ oder ähnliches, oder antworten wir mit „Hineni! Hier bin ich!“? Sind wir bedingungslos für andere da? Für diejenigen, die uns wichtig sind? Egal, was sie gerade brauchen? Wie ich von der Israelitischen Kultusgemeinde Wien gefragt wurde, ob ich sie bei der vom European Council of Jewish Communities organisierten Solidaritätsreise mit dem Namen Hineni vertreten möchte, war mir meine Antwort sofort klar: „Ja, Hineni. Hier bin ich!“ Nun kehre ich mit unzähligen Eindrücken zurück, die diese Reise hinterlassen hat.

Statt zu schlafen

Statt zu schlafen, liege ich wach da und denke an die Erzählung meiner Mutter: Es war 8 Uhr morgens am Montag, den 5. Juni 1967. Sie saß am Gang vor dem Klassenzimmer und büffelte noch in den letzten Minuten vor ihrer Matura-Prüfung. Plötzlich platzten ihre Mutter, meine Großmutter, und deren beste Freundin in die Schule hinein und liefen zu ihr. Zwanzig Meter Gang, vier Sekunden Laufzeit, endlos viele Worst-Case-Szenarien rasten durch den Kopf meiner damals 18-jährigen Mutter. „Was ist passiert?!“, „In Israel ist gerade der Krieg ausgebrochen! Und wenn in Israel Krieg ist, dann sind alle Juden weltweit in Gefahr.“ Sie hatten Angst. Mehr aber: Sie hatten recht. Spätestens seit dem 7. Oktober 2023 und den Monaten danach wissen wir es alle.

Statt zu schlafen, liege ich wach da und schaue mir die Fotos von meiner Israel-Reise Anfang Februar 2024 an. Fotos der zerschossenen, zerbombten und ausgebrannten Häuser im Kibbutz Kvar Aza. Vom alleingelassenen Dreirad neben dem Weg. Vom Haus von Ofir Libstein, der Vorsitzende der Regionalverwaltung Scha’ar HaNegev war. War, weil der 50-jährige Ofir gemeinsam mit seinem 19-jährigen Sohn Nitzan, seiner 81-jährigen Schwiegermutter Bilha Epstein und seinem 22-jährigen Neffen Netta Epstein am 7. Oktober von Hamas-Terroristen umgebracht wurde.

Zwischen Hoffnungslosigkeit und ungebrochenem Glauben an Frieden

Mit Doron Libstein

Ich schaue mir das Foto von mir mit Ofirs Bruder Doron an. Der ewige Optimist. Er meint, wir sollen nicht aufzählen, was uns am 7. Oktober genommen wurde, sondern welche Türen uns eröffnet und Möglichkeiten uns gegeben wurden. Er spricht davon, dass es vor 80 Jahren ein unvorstellbarer Gedanke gewesen wäre, dass Deutschland einer der stärksten Alliierten Israels werden würde. Und er ist davon überzeugt, dass es eines Tages so einen Frieden und so eine Freundschaft zwischen Israel und den Palästinensern geben wird. Wie kann man heute noch einen einzigen optimistischen Gedanken haben und an Frieden glauben?

Und dann schaue ich mir meine Fotos von Kibbutz Shefayim, welches nördlich von Tel Aviv liegt, an – hier leben gerade über 400 Bewohnerinnen und Bewohner von Kvar Aza, in das am 7. Oktober mehr als 70 Terroristen eingedrungen waren und über 60 Menschen bestialisch ermordeten. Fast 20 Bewohner werden bis heute als Geisel im Gazastreifen festgehalten. Zwölf Waschmaschinen stehen gestapelt vorm Hotelgebäude – eine provisorische Lösung. In unzähligen israelischen Hotels sind hunderte von den derzeit geschätzten 200.000 israelischen Inlandsflüchtlingen anzutreffen. In unserem Hotel in Jerusalem, zum Beispiel, kommen sie aus dem Norden. Sie wurden wegen des täglichen Raketenbeschusses von der Hisbollah aus dem Libanon evakuiert. Und hier im Kibbutz Shefayim kommen sie eben aus Kvar Aza, wo sie die Ruinen ihrer Häuser hinter sich lassen mussten. Im Speisesaal erinnern gelbe Stühle und Poster an die immer noch mehr als 130 entführten Geiseln.

18 Stunden im sogenannten Safe-Room

Die 71-jährige Friedensaktivistin und Hobbyfotografin Batia Holin erzählt uns, wie sie den 7. Oktober in Kvar Aza, wo sie seit über 50 Jahren wohnt, überlebte. Wie sie und ihr Mann knapp 18 Stunden im Safe-Room warteten – ein Safe-Room der zwar gegen Raketenbeschuss standhalten konnte, aber dessen auf die Straße gerichtetes Fenster und die nicht absperrbare, nicht kugelsichere Türe alles war, nur nicht safe. Aber wie durch ein Wunder fand sie die Hamas nicht. Die israelische Armee befreite sie Sonntagvormittag und brachte sie an den Kibbutz-Zaun, von wo sie ein paar hundert Meter durchs Feld krochen – über ihren Köpfen fielen Schüsse, neben ihnen lagen Leichen. Batia, die vor einem Jahr noch mit einem Bewohner aus Gaza eine gemeinsame Fotoausstellung hatte, hat seither ihren Glauben an den Frieden, am Guten in der Welt, ihren Optimismus und ihr Vertrauen in die Menschheit verloren.

Statt zu schlafen. Statt zu schlafen, liege ich wach da und denke an Re’im, wo am Wochenende vom 7. Oktober hunderte junge Menschen das Nova Music Festival besucht hatten. Ich denke an die Anemonen – zuerst dachte ich, dass die mit dem grünen Feld im starken Kontrast stehende knallrote Blumen Mohnblumen wären, aber sie sind die israelische Nationalblumen: Kalaniyot. Ich denke an den tiefen Matsch und die Reifenspuren. An die Glasscherben auf der Wiese. An die hunderten Masten mit jeweils einem Foto eines entweder umgebrachten oder entführten jungen, lebenslustigen, glücklichen Musikfestival-Besuchers. Ich denke an die 21-jährige Daniel und den 23-jährigen Klil, die zum ersten Mal seit dem Terroranschlag wieder in Re’im sind oder überhaupt im Süden Israels, und uns mit tränengefüllten Augen die Geschehnisse vom 7. Oktober schildern. Minute für Minute. Wie sie bis in die Morgenstunden feierten und dann um 06:30 Uhr die ersten Raketen sahen – sie dachten zuerst, es wären Feuerwerke – und wie sie dann zuerst eher gelassen und dann hetzend gestresst losfuhren. Wie sie in den Stau der hunderten Autos kamen, die alle schon verlassen waren, weil die Leute zu Fuß losgelaufen waren – ins Feld hinein, die Landstraße entlang, zurück, nach vor, irgendwohin, solange es weg von den immer näherkommenden Geschossen war.

Sie erzählen uns wie sie einen weißen Pickup-Truck anhielten – heute gleichbedeutend mit den Hamas-Terroristen, die nach Israel eingedrungen waren – und zum Glück zwei Israelis drinnen saßen, die die beiden und ein Dutzend andere Festivalbesucher zu einer Polizeistation in Netivoteingedrungen waren – und zum Glück zwei Israelis drinnen saßen, die die beiden und ein Dutzend andere Festivalbesucher zu einerNetivotistation in Netivot und in Sicherheit fuhren. Wir stehen da, hören zu und trauern. Weiter weg steht eine Gruppe von Orthodoxen. Auch sie sind hier, um zu trauern, um zu beten. In der Ferne erkennt man die Mauer zu Gaza, die keine drei Kilometer weit weg steht. Man kann sie hören – beziehungsweise kann man den Krieg, der sich hinter ihr abspielt, hören. Man kann den Krieg riechen: es riecht nach Schießpulver, etwa wie im Morgengrauen Wiens am 1. Jänner. Nur sind das keine Feuerwerksreste und hier gibt es nichts zu feiern. Wir stehen auf der Wiese und trauern um hunderte Tote und hören zeitgleich Explosionen – und somit Tod – im Hintergrund. Und dann singen wir die Hatikva. Hoffnung. Hoffnung ist das Einzige, was wir jetzt noch haben können – haben müssen. Mir fehlen die Worte um die Situation und alle Emotionen und Gedanken die in mir schwirrten, zu beschreiben.

Die internationale Ebene der Hamas-Angriffe

Statt zu schlafen. Statt zu schlafen, lese ich mir meine Notizen von unseren verschiedenen Treffen durch. Von unserem Treffen mit Ruth Dar, die im Außenministerium die Abteilung Antisemitismus-Bekämpfung und Holocaust-Gedenken leitet, die uns von der weltweit nicht anhaltenden Welle an antisemitischen Übergriffen, erzählt. Hakenkreuz-Schmierereien auf Wohnungstüren in Manhattan, verbrannte Israel-Fahnen vor mehreren Synagogen in Schweden, zusammengeschlagene jüdische Studenten in Berlin, Massachusetts, Ohio und New York, in Dagestan Angriffe auf Flugpassagiere aus Israel und von noch so vielen – wir verzeichnen Anstiege von 589% in Großbritannien, rund 400% in Österreich, 360% in den USA und 1.200% in online Posts. Ich denke an unser Treffen mit dem Peace-nik (wie er sich selbst nennt) Yossi Beilin – dem Architekten der Genfer und Osloer Friedensabkommen und bekanntlich lautstarker Befürworter einer friedlichen Zweistaatenlösung. Sogar er spricht sich gegen einen Waffenstillstand aus und betont, wie unabdingbar ein Sieg der israelischen Armee sei.

Ich denke an den Vortrag des Politikwissenschafters Neil Lazarus, der uns bedauernd erklärte, wie unglaublich unvorbereitet Israel und dessen Armee auf den Angriff vom 7. Oktober war. Unvorbereitet, aber:  Es gab Hinweise auf so einen Überfall. In den Händen des Militärs lag so etwas wie ein Drehbuch, in dem der Angriff beschrieben wurde, es gab Video-Aufnahmen von Übungen der Hamas-Terroristen wie sie in Kibbutzim-nachgebauten Häusern eindringen, es gab schon im Februar 2022 die von der Hamas produzierten TV-Serie Qabdat Al Ahrar (Faust der Freien), welches von Yahya Sinwar als Inspiration gelobt wurde und es gab sogar am frühen Morgen des 7. Oktobers die Notrufe der Grenzsoldatinnen an ihre Offiziere, aber irgendwie wurde immer und immer wieder nicht oder zu spät reagiert, denn als worst-worst-worst Case Szenario galt die Vorstellung, dass vielleicht ganze zehn Terroristen nach Israel eindringen würden, dass sie vielleicht zwei bis drei Leute umbringen und im schlimmsten Fall sogar eine Person als Geisel nach Gaza verschleppen könnten. Aber es kam eben tausendfach schlimmer als alles Denkbare: Wie am 11. September 2001, ist am 7. Oktober 2023 ein Angriff passiert, der – trotz Indizien – als unvorstellbar galt. Die Weltordnung und die Regeln innerhalb Terror-Normen wurden erneut verschoben. Alle, die wir in Israel treffen, sprechen darüber. Sie hatten sich in Sicherheit gewähnt. Und das war nur möglich, weil sich niemand diese Dimension der Bestialität und des Terrors vor dem 7. Oktober vorstellen konnte. Gleichzeitig sind aber alle, die wir treffen, auch davon überzeugt, dass der aktuelle Krieg gegen die Hamas notwendig ist.

Totgestellt und dennoch tot?

Und wenn ich doch einschlafe, kommen die Albträume. Ich habe Albträume von den Freiwilligen der ZAKA, wie sie wochenlang Körperteile zusammentrugen, damit die Körper entsprechend der jüdischen Gesetze vollständig begraben werden konnten. Einige konnten die psychische Belastung nicht aushalten und mussten die Arbeit niederlegen. Ich habe Albträume von Dr. Ilana Engel, die in der Shura-Militärbasis, welches zur Leichen-Identifikations-Zentrale umfunktioniert worden war, die zahnmedizinische Forensik bei der Identifikation von über 1.200 Leichen leitete. Zuerst wurden Fingerabrücke genommen – dort wo es Hände gab und diese nicht völlig verbrannt waren. Dann wurde DNA entnommen und als dritter Schritt wurden Zahnabdrücke analysiert. Ich habe Albträume von den wartenden Familienangehörigen, die eigentlich nicht wussten, für welches Ergebnis sie beten sollen. Ich habe Albträume von dem Busfahrer, der Nova Festival-Besucher nach Re’im gefahren hatte und dessen Schuldgefühle ihn in den Tod trieben. Ich habe Albträume vom Geschwisterpaar, die das Musikfestival gemeinsam besucht hatten – der Bruder überlebte aber seine Schwester nicht. Oder von der Frau, die sich ganz sicher ist, dass sich ihre Schwiegertochter im von der Hamas veröffentlichten Video nur totstellt und ihr Pyjama nur runtergerutscht ist, weil sie den Boden entlang geschleppt wurde. Oder von all den jungen Soldatinnen und Soldaten, die sich hunderte Male das Go-Pro-Footage der Terroristen anschauen müssen, um alles schriftlich zu dokumentieren. In meinen Träumen höre ich durchgehend die Sirenen, welche die noch immer täglich auf Israel abgefeuerten Raketen ankündigen. Und in meinen Träumen riecht es verfault, verschwitzt und hoffnungslos.

Zurück zu den Orangen, zurück nach Israel

In den Stunden, wo ich doch wach bin und mein Leben lebe – oder zumindest so tue also ob –, denke ich an die Dankbarkeit der Israelis, die wir getroffen haben. Jeder einzelne – vom Restaurantkellner bis zur Überlebenden, von der Hotelrezeptionistin bis zum Soldaten – alle waren so unglaublich dankbar, dass wir dort waren. Man spürt, dass sich die Juden in Israel und die in der Diaspora durch diese Tragödie näher gekommen sind. Israelis sehen in uns nicht mehr Juden, die unverständlicherweise nicht Aliyah machen wollen. Sie sehen in uns ihre Brüder und Schwestern, die in Notsituationen für sie da sind, ihnen Zuflucht geben, ihre Kinder in unsere Schulen aufnehmen, ihnen Spenden schicken, im Ausland ihre Sprachrohre in Richtung Medien, Regierungen, nichtjüdische Freundeskreise sind und die ganz ungefragt Botschafter geworden sind und die sie in schwierigen Zeiten besuchen. Auch in den allerschwierigsten Zeiten.

Ich möchte zurück nach Israel. Ich möchte mehr Orangen pflücken und für Soldaten Essen kochen und Lunchpakete zubereiten und für die Familien der Geiseln Erledigungen machen. Ich möchte gemeinsam mit anderen Freiwilligen die Wunde pflegen und Israel wieder zu ihren Kräften helfen. Ganz egal was: Hineni. Hier bin ich.

Diese Reportage wurde ursprünglich auf wina-magazin.at  veröffentlicht.

Neues Jahr, neue Chancen

Instagram-Video Rosh Hashana 5784

VIDEO: Shana Tova!

Jeder hat andere Bilder im Kopf, wenn er oder sie an Rosh Hashana denkt. Für die einen ist es der in Honig getunkte Apfel, andere haben den Klang des Schofar im Ohr. Rund um Rosh Hashana wird über die Vergangenheit nachgedacht und Vorsätze für die Zukunft gefasst.

Unsere Weisen nennen in Bezug zu Selbstreflexion zwei unterschiedliche Bezugspunkte: Der eine ist „Ben Adam Lamakom“, die Reflexion über die Beziehung des Menschen zur Religion mit seinen Auswirkungen auf Gedanken und Taten. Der andere Bezugspunkt ist „Ben Adam Lechawero“ – das Verhältnis zu den Mitmenschen – vom engsten Kreis der Familie über Freunde und Bekannte, bis zu Fremden, die unsere Unterstützung benötigen.

Unsere Aufgabe ist es zu erkennen, was wir gut gemacht haben, um es noch besser zu machen. Zu erkennen, wo wir Fehler begangen haben, um uns zu verbessern. Eine der Lehren ist es, dass der Mensch nicht aufgeben darf, weder sich selbst, noch seinen Mitmenschen. Wir müssen uns gegenseitig die Chance geben, Dinge besser zu tun und zu verzeihen.

Rosh Hashana ist Chance und Verpflichtung zugleich. Es liegt an jedem von uns, richtige Entscheidungen zu treffen. Gemeinsam mit dem Apfel im Honig sind das die besten Voraussetzungen für ein gutes und süßes Jahr. Shana Tova Umetuka!

Das Koalitionsprogramm 2023–2027

Die Koalition aus ATID, Verein Bucharischer Juden, Kehille, Verein Georgischer Juden, Khal Israel und Bund hat sich auf ein Programm  für die Jahre 2023 bis 2027 geeinigt. Hier lesen Sie die Zusammenfassung:

Einheitsgemeinde: Das Gemeinsame stärken

„E pluribus unum“ oder zu Deutsch: „Aus vielen eines“ ist ein Leitspruch, der zum Judentum insgesamt, im Besonderen aber zu unserer Gemeinde passt. Wo sonst bilden Ashkenasen und Sefarden, Säkulare und Religiöse eine Einheitsgemeinde? Und wo sonst funktioniert die Gemeinde so gut wie in Wien? Kompetente Führung und eben dieser Zusammenhalt tragen dazu bei, dass die IKG eine der sichersten Gemeinden der Welt ist.

Kooperationen ausbauen
Basis für den Erhalt unserer Einheitsgemeinde ist der goldene Wiener Weg: Wie jedes IKG-Mitglied sein oder ihr Judentum lebt, ist ihm oder ihr überlassen. Auf dieser Grundlage setzen wir uns nicht nur für den Erhalt der Einheitsgemeinde ein; wir wollen diese in den nächsten Jahren ausbauen – etwa durch verstärkte Kooperationen bei religiösen Veranstaltungen (z.B. Chanukka-Drive-In oder Shabbos Project), im Kulturbereich (ashkenasisch-sefardisches Kantorenkonzert) oder von der Jugend- und Sportkommission ausgehend (z.B. Likrat, Familienfest, Fußball-Turniere, etc.).

Vielfalt in Balance halten
Bei der Arbeit im Kultusvorstand, den Kommissionen, Beiräten und verbundenen Vereinen gibt es keine partikularistische Interessen. Wir arbeiten mit allen Parteien zusammen, die das Einende vor das Trennende stellen.


Soziale Absicherung und Solidarität

Alle Juden und Jüdinnen sind füreinander verantwortlich („Kol Israel areivim seh leseh“)! Die sozialpolitischen  Einrichtungen der IKG haben sich in den vergangenen Jahren bewährt. ESRA, die Sozialkommission und Tmicha arbeiten enger denn je zusammen. Angesichts der hohen Inflation wollen wir das Sozialbudget der Gemeinde erhöhen, um die Unterstützung von Familien mit geringen Einkommen sicherzustellen. Dies ist nur mit entsprechenden Mehreinnahmen möglich. Dafür soll das erfolgreich neu aufgestellte Fundraising ausgeweitet werden. Außerdem wollen wir die Gesundheitsangebote der IKG evaluieren und weiterentwickeln (z.B. Mental-Health).

Wohnen & Lebensmittel
In der Armutsbekämpfung ist ein Ziel, dass jedes Mitglied ein Dach über dem Kopf und zu essen hat (vor allem via Sozialkommission und ESRA). Vor Chanukka, Pessach, Rosh Hashana und zu Schulbeginn soll es immer eine Hilfsaktion geben, die sicherstellt, dass armutsgefährdete Mitglieder ausreichend versorgt sind.


Solide Finanzen & Konsolidierung

Vor 40 Jahren stand die Kultusgemeinde vor der Selbstaufgabe. Seither wurde massiv in die Zukunft investiert: Kindergarten und Schule, Synagogen, Maimonides-Zentrum, ESRA, JBBZ, Medien, Kultur- und Jugendarbeit und vieles mehr. Parallel dazu wurde das Immobilienvermögen der IKG ausgebaut, fast 1.000 Wohnheimeinheiten errichtet und die Mehrzahl der Zinshäuser saniert. Dieses Programm hat rund 300 Millionen Euro gekostet.

Investitionen: Tilgungen nach Plan
Die Darlehen, die für diesen Aufbau aufgenommen wurden, werden sukzessive getilgt. So bestanden vor fünf Jahren noch 110 Millionen Euro in Form von Bankschulden, aktuell sind es 94 Millionen Euro. In weiser Voraussicht wurden in den vergangenen Jahren sämtliche Kreditzinsen gedeckelt („Cap“), sodass selbst die derzeit stark steigenden Zinsen keinerlei Einfluss auf die Finanzgebarung der IKG haben. Die verantwortungsbewusste Finanzpolitik sorgte zudem dafür, dass die Tilgung der für die Investitionsprojekte aufgenommenen Kredite zu 100 Prozent nach Plan laufen. 2045 werden alle bisherigen Darlehen vollständig getilgt sein – unabhängig von der weiteren Zinsentwicklung.

Null-Defizit seit 20 Jahren, Regeln für alle Fördernehmer
Nicht nur die Investitionen sind sinnvoll und sichern das jüdische Leben in Wien nachhaltig ab. Auch das Budget der Kultusgemeinde weist seit mehr als 20 Jahren kein Defizit aus. An dieser Schuldenbremse halten wir auch weiterhin fest: Die budgetierten Ausgaben dürfen die Einnahmen nicht übersteigen! Auch in Zukunft muss jede neue Ausgabe gegenfinanziert sein. Mitgliedsbeiträge sind jedenfalls zu entrichten; Mitgliedern mit geringem Einkommen werden Reduktionen nur nach dem vordefinierten Schema gewährt (entsprechende Beschlüsse muss der Kultusvorstand evaluieren). Für Mitglieder des Kultusvorstands und von Kommissionen ist Beitragswahrheit eine ausnahmslose Verpflichtung. Personen mit mehr als einem Jahr Zahlungsverzug dürfen weder nominiert noch gewählt werden. Tritt der Zahlungsverzug nach einer Wahl ein, so ist dafür jene Partei verantwortlich, die das Gremiumsmitglied nominiert hat. Subventionen werden nur nach ordentlicher Beantragung, Buchführung und Vorlage von Jahresabschlüssen durch Fördernehmer gewährt.


Sicherheit & Krisenmanagement

„Unsere Sicherheit“ leistet höchstmöglichen Schutz, genießt hohes Vertrauen unter Mitgliedern und wird von Behörden und Partnern respektiert. Der hohe Organisationsgrad trug auch maßgeblich zum erfolgreichen Krisenmanagement bei, sowohl während der Pandemie, beim Terroranschlag im Jahr 2020 oder etwa in der Ukraine-Hilfe.

Perspektivisch soll der Krisenstab von der Sicherheit entkoppelt werden, um die Ressourcen dieser Abteilung nicht ständig abzuschöpfen. Außerdem wollen wir: Digitalisierung der Sicherheitskommunikation und stärkere Einbindung der Mitglieder (jüngstes Beispiel: sms.ikg-wien.at), ein Stipendiensystem für Freiwillige, Ausbau der Cyber-Security und der Blackout-Vorsorge sowie Schulungen für Betreiber jüdischer Infrastruktur.


Ökologie & Nachhaltigkeit: Klimaneutrale IKG bis 2040

Die besorgniserregende Veränderung unseres Klimas mit zunehmenden Wetter­xtremen ist eine der größten Herausforderungen unserer Generation – in ökologischer, aber auch wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht. In unseren religiösen Texten finden sich mehrere Hinweise auf die Verantwortung der Menschheit für den Schutz und die Kontinuität unserer Erde zu sorgen und sie vor Zerstörung und Verschmutzung zu schützen. Tikkun Olam, das Prinzip der Weltverbesserung, ist eine Aufgabe für jeden Einzelnen, ebenso Baal Taschchit, das Verbot der Zerstörung und Verschwendung.
In den nächsten Jahren, aber ab sofort, geht es darum, unsere Gemeinde fit für die Zukunft zu machen und einen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz zu leisten, ohne dabei dem oder der Einzelnen vorzuschreiben, wie er oder sie den Alltag gestalten muss. Ein erster großer Schritt ist die geplante Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des IKG-Campus.

Erneuerbare Energie, wo möglich
Diese Anlage wird die Stromkosten deutlich senken und mit der erneuerbaren Energie einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Wir wollen aber mehr, nämlich eine klimaneutrale Kultusgemeinde bis 2040. Mit Experten haben wir einen Katalog an Handlungsmöglichkeiten ausgearbeitet, die uns als Orientierung und Leitfaden in den nächsten Jahren dienen sollen, unterteilt in drei Kapitel:

6.1. Neuer Schwerpunkt: Klima- und Umweltschutz
► Verankerung des Ziels der Klimaneutralität bis 2040 in den Satzungen der IKG
► Erstellung eines Nachhaltigkeits- und Klimaschutzplans mit konkreten Maßnahmen, Zeitplänen und Verantwortlichkeiten
► Neue Governance für den Klimaschutz: Gesamtverantwortlicher Klima- bzw. Umweltbeauftragter der IKG
► Bewusstseinsbildung: Kampagnen und Informationen zur Nachhaltigkeit (Broschüren, Ratgeber für Synagogen, etc.) sowie Schulungen für Betreiber jüdischer Infrastruktur

6.2. Erneuerbare Energie
► Energie sparen: mittelfristig 3 % thermische Sanierungsquote für Immobilien, insbesondere durch Dämmung der Gebäude und Fassadenbegrünung
► Raus aus Öl und Gas: Prüfung aller Immobilien, ob eine Umstellung auf erneuerbare Energieträger technisch möglich und wirtschaftlich machbar ist
► Entwicklung eines Plans für Heizungsaustausch. So kann der Wert der Immobilien erhalten oder sogar gesteigert werden
► Vorzeigeprojekt: weitestgehende Umstellung des Campus mit Maimonides-Zentrum, ZPC-Schule und Hakoah-Sportanlange auf erneuerbare Energie, z.B. durch PV-Anlage
► Neubau nur im Niedrigenergiehaus-Standard, PV-Anlagen wo technisch und wirtschaftlich möglich und Einbau von Ladestationen für E-Fahrzeuge

6.3. Nachhaltigkeit: Events, Print, kein Plastik
► Veranstaltungen: alle IKG-Veranstaltungen erfüllen ab 2025 bestmöglich die Umweltzeichen-Kriterien für Green Events, z.B. Mülltrennung, Ökostrom, Reduktion von Lebensmittelverschwendung
► Druck mit „Österreichischem Umweltzeichen“, „Climate Partner“ und PEFC-Zertifikat
► Beschaffungen nach ökologischen Mindeststandards, die sich am Umweltzeichen orientieren und Regionalität fördern
► Reduktion von Plastik: Kein Einweg-Plastik bei Events der IKG und im Stadttempel ab 2023, inklusive Plastikbesteck. Gemeinde-Zeitschriften künftig in Papierkuverts


Kultus: Sanierung des Stadttempels, Religionsunterricht, uvm.

Der Stadttempel ist die zentrale Synagoge der IKG. Mehr als zwei Dutzend weitere Bethäuser werden von der IKG subventioniert und unterstützt (z.B. bei der Sicherheit oder in der Pandemie durch Schutzmasken, Desinfektionsmittel und in organisatorischen Fragen). Ein Bet Din, das ständige Rabbinatsgericht, wurde eingerichtet, das weltweit anerkannte Übertritte durchführt. Das Rabbinat wurde erfolgreich neu aufgestellt und die Kooperation mit Rabbinern in der gesamten Stadt intensiviert. So gelang es auch am Beginn der Pandemie, gemeinsame Aufrufe („Pikuach Nefesh“) aller Rabbiner zu verkünden. Auch das war international beispiellos.

Mishpachot, Shabbestisch und neue digitale Angebote
In den nächsten Jahren wollen wir die Kooperation zwischen allen Synagogen verstärken, das Mishpachot-Programm des Rabbinats beim Ausbau unterstützen und die zwei Mal im Monat stattfindenden „Shabbestische“ noch besser bewerben. Das Rabbinat soll weiterhin bei der digitalen Kommunikation unterstützt und in eine Social-Media-Strategie der IKG einbezogen werden. Angedacht ist, zu gewissen Feiertagen wie Sukkot, gemeinsame Events mit anderen Synagogen für alle Mitglieder zu organisieren. Der „Bar- und Bat Mitzwa Club“ von Rabbinat und Jugendkommission zeigt, wie neue Impulse Menschen aus allen Teilen der Gemeinde zusammenbringt.

200-Jahr-Jubiläum des Stadttempels würdig feiern

Zurück zum Stadttempel: An den Sitzen, Teppichen und einigen Bauteilen sind in die Jahrzehnte nicht spurlos vorübergezogen. Bevor im Jahr 2026 das 200-Jahr-Jubiläum begangen wird, wollen wir den Stadttempel generalsanieren und eine teilweise Erneuerung durchführen. Die Aufwendungen, potenziell in Millionenhöhe, sollen ausschließlich aus Spenden finanziert werden, um die sich die Koalitionspartner bemühen.

Religionsunterricht, neue Angebote für Kinder aus säkularen Familien
Rund 65 % der Schülerinnen und Schüler unter den IKG-Mitgliedern besuchen eine jüdische Schule. Ein großer Teil der jüdischen Schüler in anderen Schulen besucht den Religionsunterricht der IKG. Für Kinder zwischen 5 und 10 Jahren wollen wir den „Jewish Kids Club“ institutionalisieren, ein Angebot speziell für Kinder, die öffentliche oder internationale Schulen besuchen.

Erweiterung des Eruv
Wir wollen uns bemühen, den bestehenden Eruv in Teile des 19. Bezirks zu erweitern.

Wir sanieren die jüdischen Friedhöfe
Die Sanierung der jüdischen Friedhöfe in Österreich muss zügig vorangetrieben werden.


Ukraine: Humanitäre Hilfe & Integration

Es ist die größte humanitäre Hilfsaktion der IKG in der Zweiten Republik: Die Rettung und Versorgung von bisher insgesamt 1.200 ukrainischen Kriegsflüchtlingen in Wien. Wir sind stolz darauf, was die gesamte Gemeinde geschaffen hat und wir sind dankbar dafür, dass wir überhaupt in der Lage waren und sind, in diesem Ausmaß zu helfen. Essen, psychosoziale Versorgung, Schulplätze, Deutschkurse, die Einrichtung und der Betrieb von insgesamt vier Ankunftsquartieren und die Finanzierung von rund 200 Wohnungen für jene vertriebenen Familien, die mit dem sprichwörtlichen letzten Hemd angekommen waren.

1,5 Millionen Euro aus Spenden
Aktuell versorgen wir noch immer rund 900 Vertriebene in Wien, davon wohnt rund die Hälfte der Menschen in Wohnungen, die der IKG-Hilfsverein Tmicha angemietet und finanziert hat.
Apropos Finanzierung: Für die gesamte Hilfsaktion mussten bisher mehr als 1,5 Mio. Euro aufgewendet werden – wovon jeder einzelne Cent aus Spenden kam. Das IKG-Budget blieb unberührt.

Neue Existenz in Wien aufbauen
Der russische Angriffskrieg tobt weiterhin, und wir stehen zu unserem Wort: Jede jüdische Familie aus der Ukraine kann und soll so lange in Wien bleiben, wie sie es möchte. Am besten bis 120! Und wenn jemand nach dem Krieg – ein Ende ist derzeit nicht abzusehen – oder in den nächsten Jahren weiterziehen will, hat er oder sie unsere Sympathie. Aber wir laden alle ein, in Wien eine neue Existenz aufzubauen und unterstützen unsere Brüder und Schwestern bei der Integration in Wien.

190 neue IKG-Mitgliedschaften
Mehr als 190 Ukrainerinnen und Ukrainer sind bereits IKG-Mitglieder, weitere Hunderte Anträge werden in diesen Wochen geprüft (Stand: Jänner 2023). Zwei Kinder kamen hier zur Welt und eine Hochzeit wurde gefeiert. In den nächsten Monaten wird es verstärkt um die Integration mithilfe der IKG-Institutionen wie ESRA und JBBZ sowie der russischsprachigen Synagoge JRCV und anderen Vereinen gehen. Weiterhin sollen alle Gelder aus dem Fundraising kommen. Die Koordination und tatkräftige operative Abwicklung der Hilfsmaßnahmen ebenso wie des Fundraisings sind Aufgaben, denen wir uns weiterhin verschreiben und freuen uns über die Kooperation mit allen, die sich daran beteiligen.

Weiterer Kriegsverlauf ungewiss
Zuletzt, als wieder russische Bomben auch im Westen der Ukraine einschlugen, nahm die Zahl der Hilfsansuchen wieder zu. Fakt ist: Wir werden immer helfen, aber auch das ist nur durch ehrenamtliches Engagement und Spenden möglich.


Kunst, Kultur & (digitale) Kommunikation

Wir setzen uns für eine weltoffene Gemeinde ein und halten an der „Politik der Öffnung“ fest. Die Kultur- und Öffentlichkeitsarbeit ist Basis für Verständnis und Akzeptanz in der Gesellschaft, aber auch innerhalb der Gemeinde – gerade weil wir eine Einheit der Vielfalt bilden, ist der kulturelle Austausch so wichtig.

„Brückenbauer“
Nach außen wird durch die Kulturarbeit das Judentum als selbstverständlicher Teil Österreichs positioniert und es wird damit auch dem Antisemitismus vorgebeugt. Die Offenheit nach innen bringt mehr Interaktionsmöglichkeiten und Transparenz. Dem Relaunch der IKG-Homepage soll 2023 ein Relaunch des IKG-Newsletters folgen. Außerdem soll die IKG auch auf Instagram und Facebook vertreten sein.

Mitgliederservice digitalisieren
Auch die Digitalisierung von noch mehr Angeboten soll ab 2023 erfolgen. Ziel: jedes Mitglied soll digital mit der IKG kommunizieren können.

Kulturangebote ausbauen
Die große Zahl der bestehenden Kulturangebote und die Qualität der Events ist beeindruckend. Durch die Digitalisierung und die Erschließung neuer Kommunikationskanäle soll dieses Angebot kontinuierlich ausgebaut werden.


Bildung: Fundament des Judentums

Judentum bedeutet Lernen. Kein Wunder also, dass Bildung in allen Strömungen des Judentums einen so hohen Stellenwert einnimmt. Das spiegelt sich auch in der Schule der IKG, der ZPC, aber auch in den anderen jüdischen Schulen und dem Religionsunterricht für Kinder, die öffentliche oder private Schulen besuchen, wieder. Das Ziel ist, Kinder so auszubilden, dass sie ein selbstbestimmtes Leben führen und später ihre Familien erhalten können.

Ausbau des Kindergartens
Während es ausreichend Schulplätze gibt, hält das Angebot an Kindergarten-Plätzen nicht mit dem Bedarf Schritt. Organisatorisch, finanziell und sicherheitstechnisch sinnvoll wäre die Aufstockung des ZPC-Campus um ein Stockwerk.

Neues jüdisches Geschichtsbuch
Wir wollen ein neues Standardwerk für das Unterrichtsfach „Jüdische Geschichte“ verfassen (lassen), das sowohl in der ZPC als auch im gesamten deutschsprachigen Raum angeboten werden soll. Außerdem sollen die Lehrpläne aktualisiert werden.

„Special Needs“-Kinder
Wir haben bereits an einem Konzept zu arbeiten begonnen, um Kinder mit besonderem Förderungsbedarf im Regelschul-Betrieb zu inkludieren und Familien besser zu unterstützen. Die Umsetzung soll bereits 2023 beginnen.


Politik: Klare Haltung in Österreich und zu Israel

Die IKG ist nicht durch Zufall zu einer moralischen und politischen Instanz in Österreich geworden. Die stets differenzierte, aber immer deutliche Positionierung der Gemeinde trägt zum Kampf gegen Antisemitismus bei, stellt aber immer wieder aufs Neue klar: Das Judentum war, ist und bleibt ein Teil Österreichs. Wir stehen klar zu Israel als spiritueller Heimat aller Jüdinnen und Juden. Die IKG wird sich weiter stets solidarisch mit Israel erklären und gegen Organisationen wie BDS vorgehen. Wer nicht zwischen Regierungspolitik einerseits und dem Staat und seinen Menschen andererseits unterscheidet, ist selbst schuld.

Gegen Rassismus & Homophobie
Auch in der österreichischen Gesellschaft und Politik steht die IKG für klare Haltungen: Rassismus, Homophobie und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit werden wir weiterhin gemeinsam mit Partnern in der Zivilgesellschaft bekämpfen.
Deshalb bleibt der Cordon Sanitaire gegenüber der FPÖ aufrecht. Sie ist die Partei der deutschnationalen Burschenschafter, die in ihren Kellern Nazi-Lieder über unsere verfolgten und ermordeten Eltern und Großeltern singen. Gegenüber allen anderen Parlamentsparteien stehen wir für kritische Distanz und konstruktive Kooperation.


Jugend & Sport

Unter dem gemeinsamen Dach der Jugendkommission (Juko) sollen sich alle Organisationen nicht nur entfalten können sondern vor allem zusammenarbeiten. Das erfolgreiche Dialogprojekt „Likrat“ wollen wir weiter ausbauen, z.B. von Schulen auf Universitäten und ein eigenes Likrat-Zentrum in Wien aufbauen (Likrat = Jugendliche Gemeindemitglieder werden geschult und besuchen Schulklassen in ganz Österreich, wo sie auf Augenhöhe über Judentum und Israel reden. Das baut Vorurteile ab, führt aber auch zu mehr Selbstvertrauen unter jungen Jüdinnen und Juden.).

Einbindung in die IKG-Arbeit
Speziell bei der Digitalisierung sollen junge Gemeindemitglieder eingebunden werden. Denkbar ist etwa die Betreuung der Social Media Accounts durch Freiwillige.

Bar- und Bat-Mitzwa Club
Das Rabbinat wollen wir bei seinen Bemühungen für die Jugend unterstützen. Der Erfolg des ersten Jahrgangs des Bar- und Bat-Mitzwa Clubs (BBMC) ist nicht zuletzt auf die Kooperation zwischen Jugendabteilung und Rabbinat zurückzuführen.

Ausblick auf das nächste Jahr
Im Jahr 2023 steht die Gestaltung eines Mahnmals in der Gedenkstätte Mauthausen an. Außerdem soll die Kooperation aller Jugendorganisationen intensiviert werden (wie zuletzt das Familienfest mit 1.000 Besucherinnen und Besuchern, das Chanukka-Drive-In, uvm.).

Reform für den „jüdischen Sport“
Die Sportagenden ressortieren in der Jugendkommission. Darüber wollen wir im neuen Kultusvorstand diskutieren und regen eine eigene Kommission, womöglich aber zunächst nur eine Arbeitsgruppe an, die sich mit der Frage des jüdischen Sports auseinandersetzen soll. Wesentliche Rollen kommen dabei den Vereinen Hakoah und Maccabi zu, die jedenfalls eingebunden werden müssen.
Weiterhin soll der SC Maccabi bei seinen Bemühungen um eine eigene Heimstätte unterstützt werden.


Frauen, Familie und Gesellschaft

Nachdem es keine Männerpolitik gibt, sollte es auch keine Frauenpolitik geben. Schön wär‘s! Allein die Tatsache, dass in Österreich Frauen durchschnittlich 20 % weniger Lohn als ihre männlichen Kollegen erhalten (bei gleicher Qualifikation im gleichen Job) ist ein Auftrag, in allen gesellschaftlichen Bereichen für mehr Gleichberechtigung zu sorgen.

Kampagne gegen Gewalt
Ein leider oft tabuisiertes Thema ist häusliche Gewalt. Hier braucht es mehr Sensibilisierung und Kampagnen der Nachbarschaftshilfe und ESRA.


Fundraising: Vernetzung nach innen, Einnahmen für alle, Förderung der Solidarität

Die Erfolge der 2018 neu aufgestellten IKG-Fundraisingkommission können sich sehen lassen: Die Einnahmen haben sich von 472.000 auf mehr als 1,3 Millionen jährlich verdreifacht. Im heurigen vom Ukraine-Krieg und der Inflation geprägten Jahr ist mit deutlich mehr zu rechnen.

Tmicha: Schulstartpaket, Chanukka-Box, Purim-Packerl
Eine zentrale Rolle spielt der IKG-Hilfsverein Tmicha. Hier werden nicht nur Einnahmen lukriert, sondern die Mitgliedereinbindung forciert. Mishloach Manot zu Purim, Bleib-gesund-Schutzmasken in der Pandemie oder Chanukka-Geschenkboxen sind sehr beliebt unter zahlreichen Gemeindemitgliedern.
Tatsächlich ist das Fundraising zu einer tragenden Säule der Sozialpolitik der IKG geworden, von der auch Aktionen wie das Schulstartpaket (je ein 100-Euro-Gutschein von Libro für 300 Kinder aus Familien mit geringen Einkommen) oder die anstehende Chanukka-Hilfsaktion für Mindestpensionisten ausgeht. Unser Ziel ist es, dass sich alle politischen Gruppen in der IKG am Fundraising (für alle) beteiligen.


Stärkung kleiner Gemeinden

Die Rettung kleiner jüdischer Gemeinden außerhalb Wiens sollte uns allen ein Anliegen sein. Ohne Hilfe aus Wien gäbe es in Baden und Graz wohl gar kein Gemeindeleben mehr. Im Rahmen der Israelitischen Religionsgesellschaft Österreich (IRG), sollen alle kleinen Gemeinden – auch Linz, Salzburg und Innsbruck – gefördert werden.


Kampf gegen Antisemitismus

Die Gründung der Antisemitismus-Meldestelle vor drei Jahren war ein Meilenstein im Kampf gegen Judenfeindlichkeit. Ihre wichtigste Aufgabe ist die Betreuung von Menschen, die antisemitisch bedroht oder angegriffen wurden bzw. Zeugen oder Zeuginnen wurden. Die jährlichen Berichte machen das Problem öffentlich und sollen zu mehr Sensibilität in Gesellschaft und Politik beitragen.
Der Kampf gegen Antisemitismus, speziell die Vorbeugung ist aber eine Aufgabe, die in allen Bereichen zu erfüllen ist. Wir stehen aber auch dafür ein, dass wir uns als Gemeinde gegen Antisemitismus zur Wehr setzen.


Gedenkkultur: Endlich ein Shoah-Zentrum

Die Tatsache, dass im Herzen Wiens noch immer eine Statue von Dr. Karl Lueger, einem rabiaten Antisemiten und Vorbild Adolf Hitlers, steht, ist beschämend. Der Einsatz für einen aufrichtigen Umgang mit der Verantwortung Österreichs in der Shoah und der Zeit davor, die den Nationalsozialisten den Nährboden bereitet hat, darf aber nicht an einzelnen Statuen enden. Während es in Israel und den USA Shoah-Zentren gibt, in denen die Besucher mit Hologrammen von Überlebenden reden können, gibt es so etwas in Österreich nicht. Gerade in Wien braucht es ein Shoah-Zentrum – am besten anstelle des Lueger-Denkmals.

ATID mit 31% Wahlsieger – DANKE!

Wir bedanken uns bei mehr als 1.000 Wählerinnen und Wählern, die ATID zur deutlich stärksten Kraft in der IKG gewählt haben. Alle Ergebnisse auf www.ikg-wien.at

Ökologie und Nachhaltigkeit: Eine klimaneutrale IKG bis 2040

Die besorgniserregende Veränderung unseres Klimas mit zunehmenden Wetterextremen ist eine der größten Herausforderungen unserer Generation – in ökologischer, aber auch wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht. In unseren religiösen Texten finden sich mehrere Hinweise auf die Verantwortung der Menschheit für den Schutz und die Kontinuität unserer Erde zu sorgen und sie vor Zerstörung und Verschmutzung zu schützen. Tikkun Olam, das Prinzip der Weltverbesserung, ist eine Aufgabe für jeden Einzelnen, ebenso Baal Taschchit, das Verbot der Zerstörung und Verschwendung.

In den nächsten Jahren, aber ab sofort (!), geht es vor allem darum, unsere Gemeinde fit für die Zukunft zu machen und einen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz zu leisten, ohne dabei dem oder der Einzelnen vorzuschreiben, wie er oder sie den Alltag gestalten muss. Ein erster großer Schritt ist die geplante Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des IKG-Campus.

Erneuerbare Energie, wo möglich
Diese Anlage wird die Stromkosten deutlich senken und mit der erneuerbaren Energie einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Wir wollen aber mehr, nämlich eine klimaneutrale Kultusgemeinde bis 2040. Dazu haben wir mit Experten einen Katalog an Handlungsmöglichkeiten ausgearbeitet, die uns als Orientierung und Leitfaden dienen sollen, unterteilt in drei Kapitel:

Neuer Schwerpunkt: Klima- und Umweltschutz
► Verankerung des Ziels der Klimaneutralität bis 2040
in den Satzungen der IKG
► Erstellung eines Nachhaltigkeits- und Klimaschutzplans mit konkreten Maßnahmen, Zeitplänen und Verantwortlichkeiten
► Neue Governance für den Klimaschutz: Gesamtverantwortlicher Klima-
bzw. Umweltbeauftragter der IKG
► Bewusstseinsbildung: Kampagnen und Informationen zur Nachhaltigkeit (Broschüren, Ratgeber für Synagogen, etc.) sowie Schulungen für Betreiber jüdischer Infrastruktur

Erneuerbare Energie
► Energie sparen: mittelfristig 3 % thermische Sanierungsquote für Immobilien, insbesondere durch Dämmung der Gebäude und Fassadenbegrünung
► Raus aus Öl und Gas: Prüfung aller Immobilien, ob eine Umstellung auf erneuerbare Energieträger technisch möglich und wirtschaftlich machbar ist
► Entwicklung eines Plans für Heizungsaustausch. So kann der Wert der Immobilien erhalten oder sogar gesteigert werden
► Vorzeigeprojekt: weitestgehende Umstellung des Campus mit Maimonides-Zentrum, ZPC-Schule und Hakoah-Sportanlange auf erneuerbare Energie, z.B. durch PV-Anlage
► Neubau nur im Niedrigenergiehaus-Standard, PV-Anlagen wo technisch und wirtschaftlich möglich und Einbau von Ladestationen für E-Fahrzeuge

Nachhaltigkeit: Events, Print, kein Plastik
► Veranstaltungen: alle IKG-Veranstaltungen erfüllen ab 2025 bestmöglich
die Umweltzeichen-Kriterien für Green Events, z.B. Mülltrennung,
Ökostrom, Reduktion von Lebensmittelverschwendung
► Druck mit „Österreichischem Umweltzeichen“, „Climate Partner“ und PEFC-Zertifikat
► Beschaffungen nach ökologischen Mindeststandards, die sich
am Umweltzeichen orientieren und Regionalität fördern
► Reduktion von Plastik: Kein Einweg-Plastik bei Events der IKG und im Stadttempel ab 2023, inklusive Plastikbesteck. Gemeinde-Zeitschriften künftig in Papierkuverts

Elli Shklarek

Studium der klinischen Psychologie. Fokus: Existenzanalyse und Logotherapie. Schreibt Gedichte, engagiert im Bereich Mental Health. Stellvertretende Vorsitzende von ESRA und der Frauen- und Familienkommission der IKG Wien

ATID Ausgabe 39

Die Zeitungsausgabe von November 2022 können Sie hier digital lesen:

Vollbild: ATID 39

Reuven Rennert

Reuven Rennert

geb. 1981, verheiratet, Vater dreier Kinder. Studierte Politikwissenschaft & Kommunikation, arbeitet in der strategischen Politikberatung. Vorstandsmitglied der Misrachi, seit 2016 Mitglied des Diplomatic Corps des WJC sowie der Kulturkommission der IKG.

Noah Scheer

Noah Scheer

geb. 1995, aufgewachsen in Graz und Israel. Arzt. Ehrenamtliches Engagement während des Studiums: JöH-Präsident und in der ÖH

Unsere 48 Kandidatinnen und Kandidaten

Wir freuen uns, Ihnen den Wahlvorschlag von Liste 1 – ATID Team Oskar Deutsch vorzustellen. Wir sind 48 engagierte Gemeindemitglieder – 24 Frauen und 24 Männer – die sowohl die Vielfalt unserer Gemeinde widerspiegeln als auch Expertise mitbringen, die es gerade in diesen stürmischen Zeiten braucht.

Kompetenz, Vielfalt und leidenschaftliches Engagement für alle Mitglieder der Kultusgemeinde. Dafür stehen die Kandidatinnen und Kandidaten von ATID. Unser Team besteht aus Ärzten, Managerinnen, Sicherheitsexperten, Architektinnen, Juristen und Wirtschaftstreibenden. Aus Selbstständigen und aus Angestellten. Aus Säkularen, Traditionellen und Religiösen. Das Team steht für Vielfalt, Gestaltungswillen und Verantwortung. Dafür, stets das Beste für alle Gemeindemitglieder herauszuholen. Ob in sozialen, religiösen, sicherheitstechnischen, kulturellen oder erzieherischen Belangen. Eine Stimme für ATID ermöglicht es, diesen Menschen weiterhin ganze Arbeit leisten zu können. Offen, ehrenamtlich und professionell. Über die Kandidaten hinaus sind bei ATID mehr als 100 ehrenamtlich tätige Gemeindemitglieder, die sich in allen Bereichen der IKG engagieren. Mehr finden Sie hier.

In den vergangenen fünf Jahren hat ATID nicht nur unser Wahlprogramm umgesetzt, sondern die Kultusgemeinde auch sicher durch turbulente Zeiten geführt. Gemeinsam mit allen konstruktiven Kräften wollen wir diesen Kurs fortsetzen. Dafür brauchen wir Ihre Stimme bei den Wahlen im November:

Do, 17.11. 8–18 Uhr, Wahllokal in der Seitenstetteng. 2
Di, 22.11. 8–20 Uhr, Wahllokal in der Seitenstetteng. 2
So, 27.11. 8–18 Uhr, Wahllokal Ihres Sprengels

Unsere aktuellen Prioritäten aus dem Wahlprogramm finden Sie unter anderem in der aktuellen ATID-Zeitung

Für Fragen zum Programm, zu den Kandidatinnen und Kandidaten oder auch Anregungen stehen wir Ihnen per E-Mail unter team@atid.at und telefonisch bzw. per WhatsApp unter +43 660 95 28 441 zur Verfügung.

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