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Interview mit Präsident Oskar Deutsch

ATID: Terror in Frankreich, Belgien etc. Was macht die IKG, damit uns nichts passieren kann?

OD: Eine 100%ige Sicherheit gibt es nicht. Wir können es uns auch nicht leisten (finanziell) alle, alles und überall zu schützen. Die exponiertesten Stellen der Kultusgemeinde sind, meiner Meinung nach, gut bewacht. Jeder von uns muss aufmerksam sein, beobachten und wenn notwendig melden. Wir dürfen unsere Köpfe nicht in den Sand stecken aber auch keine Panik oder Angst aufkommen lassen – ich weiß, das ist schwer aber, ich denke, unsere einzige Chance.

ATID: Warum äußerst Du Dich nicht mehr zu Geschehnissen rund um Israel?

OD: Nicht jede unserer APA Meldungen wird veröffentlicht. Ich bin auch nicht der Vertreter des Staates Israel. Die IKG bzw. wir melden uns immer zu Wort, wenn Israel ungerechtfertigt angegriffen wird. Und auch wenn gegen die israelische Bevölkerung agitiert wird.

ATID: Wird sich die Kultusgemeinde weiter öffnen?

OD: Ja und Nein. Die bereits zur Gewohnheit gewordenen Anlässe, an denen alle Interessierten die Kultusgemeinde und das Judentum kennenlernen, können bleiben. Ich erinnere an die Jüdischen Kulturwochen mit dem Stadtfest in den Rathausarkaden und den Tag der offenen Türen im Gemeindezentrum. Diese Veranstaltungen wurden von einer überwältigenden Menge gut aufgenommen und werden bestehen bleiben. Es gibt ein neues Projekt, namens Likrat, wo jüdische SchülerInnen in Schulen gehen um über das Judentum zu reden. Dabei zeigt sich auch, dass es bei den Interessen der Jugendlichen keine wirklichen Unterschiede gibt. Soweit zum Ja, das Nein deshalb, weil wir noch vorsichtiger sein müssen und leider nicht alle und jeden bei uns willkommen heißen dürfen. Die Sicherheit der Gemeinde steht an erster Stelle!

ATID: Wie schaut es mit der Finanzlage der IKG aus?

OD: Ich denke, dass wir die finanzielle Situation der IKG sehr gut im Griff haben. Die Zinslage kommt uns dabei sehr zugute, aber auch gute Verhandlungen bezüglich langfristiger Kredite helfen uns. Ja, wir haben Schulden, diese sind aber mehr als abgedeckt. Ohne Investitionen kann auch eine Kultusgemeinde nicht in die Zukunft sehen und gehen. Aber ich kann meiner Gemeinde versichern, dass ich sehr gut auf unsere Finanzen aufpasse.

ATID: Gibt es Neues betreffend Maimondes-Zentrum zu berichten?

OD: Das Maimonides-Zentrum oder, wie wir es lieber nennen, unser Elternheim, hat sich besonders erfreulich und positiv entwickelt. Der neue Direktor, Micha Kaufman, schafft auf verschiedenen Ebenen Neuerungen und Verbesserungen. Als Eigentümerin des MZ interessiert uns als erstes das Budget 2016, welches wieder positiv ist, genauso, wie die Hochrechnung 2015. Dann kommt auch schon das Essen, welches durch den neuen Küchenchef sehr verbessert wurde. Bei meinen monatlichen Besuchen und Sprechstunden konnte ich eine deutliche Steigerung der Zufriedenheit bei den HeimbewohnerInnen feststellen.

ATID: Soll die IKG weiter eine Einheitsgemeinde sein?

OD: Eindeutig JA! Wie könnte diese Frage in einer Zeit, wo nur eine Gemeinsamkeit uns stark machen kann, anders beantwortet werden. Dazu kann ich sagen, dass seit über einem Jahr auch die jüdischen Gemeinden in der Steiermark und Kärnten integrierte Teile unserer Gemeinde sind. Wir müssen als Juden mit einer Stimme sprechen und wenn es sein muss, gemeinsam kämpfen. Darum ist es uns auch so wichtig, dass alle Juden der Kultusgemeinde beitreten. Wir müssen und können Stärke zeigen – aber nur als Einheit – alle gemeinsam!

ATID: Was ist Deine Vision für die Zukunft? 

OD: Dass unsere Kinder und Enkelkinder ohne Sicherheitsmaßnahmen in jüdische Schulen gehen können. Dass wir alle jüdischen Institutionen ohne Polizeischutz besuchen können. Ich wünsche mir Frieden in unserer kleinen Gemeinde, in Israel und auf der ganzen Welt.

ATID: Vielen Dank für das Gespräch! 

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